Bundesverteidigungsminister Karl Theodor zu Guttenberg hat in seiner Dissertation mehrere Passagen wortwörtlich aus anderen Schriftwerken übernommen. Er hat diese wörtlichen Zitate weder durch Anführungszeichen als Zitate gekennzeichnet noch hat er auf die entsprechenden Quellen verwiesen. Diese Aussage kann man beispielsweise auf den Seiten von Spiegel Online oder der Süddeutschen Zeitung nachvollziehen. Meines Erachtens ist damit der Bestand des Plagiats erfüllt. In meiner Zeit als Dozent an der Universität hätte ich Studenten, die in dieser Art und Weise Arbeiten verfasst hätten, des Plagiats bezichtigt - Kollegen von mir haben dies auch in entsprechenden Fällen gemacht. Ob dies in juristischem Sinne ausreichend ist, dass Herrn zu Guttenberg der akademische Grad eines Doktors entzogen wird, kann ich nicht beurteilen. Die Entscheidung bleibt der Universität Bayreuth vorbehalten. Eine Entscheidung, ihm den Titel nicht zu entziehen, könnte ich in keinster Weise nachvollziehen. Damit statuierte man ein Exempel, das einen Freibrief zum Abschreiben gleich käme und das wichtige Merkmal der Eigenleistung einer wissenschaftlichen Arbeit zu einer Nebensache herabstufen würde. In diesem Fall könnte man jemandem nur empfehlen, an der Universität Bayreuth in den Rechtswissenschaften zu promovieren - "summa cum laude" (die Bestnote) ist dort auch durch einfaches "Copy and Paste" zu erreichen. Ein zweifelhafter Ruf für die Hochschule in Oberfranken. Die hat aber auch ihre werbeträchtigste Ikone zu verlieren - zu Guttenberg ist das Aushängeschild einer Universität in einer Region, die vom Zukunftsrat Bayern nur am Rande als förderungswürdig eingestuft wird. Die Uni hat die Wahl zwischen Pest und Cholera.
Die Frage ist, ob das alles relevant ist. Als ich vergangenen Montag morgen von den Vorwürfen im Radio hörte, dachte ich: "Ach, da haben sie einen Satz gefunden, den er nicht gekennzeichnet hat, die wollen ihm jetzt mal wieder schlechte Schlagzeilen bescheren." Und so reagieren auch KTs Parteikollegen offiziell: Das sei alles eine Schmutzkampagne der Linken - allerdings vergessen sie dabei, dass die Vorwürfe in der Sache durchaus berechtigt sind. In der Bevölkerung bleibt er beliebt - weil er einen guten Job macht, so eine Umfrage der Bild.
Meinetwegen braucht Herr zu Guttenberg nicht zurücktreten, selbst wenn die Universität Bayreuth ihm den Titel entziehen sollte. Ich fände es nur angebracht, wenn die Bevölkerung über den "Minister für Strahlkraft und Überfliegerei" (man betrachte den Link bitte als Quellennachweis und unterstelle mir kein Plagiat) mal nachdenken würde. Er gilt als sympathisch. Zu Beginn seiner Amtszeit hat er langjährige Mitarbeiter im Verteidigungsministerium entlassen, weil sie ihm "Informationen vorenthalten" hätten (wobei sein Vorwurf gegenüber diesen Mitarbeitern nie bestätigt wurde). KT forderte also Transparenz und als diese nicht erfolgte, hat er die Mitarbeiter entlassen. Er selbst hat mit den angeprangterten Passagen nicht gerade für Transparenz gesorgt, insgesamt kann dieses Verhalten nicht als "aufrichtig" und "ehrlich" bezeichnet werden. Der Lack seiner Glaubwürdigkeit ist - in meinen Augen - ziemlich ab. Man braucht keinen Doktor, um ein guter Politiker zu sein. Aber wenn man einen Doktor macht, hat man sich an Regeln zu halten - vor allem, wenn man selbst das Einhalten von Regeln strikt einfordert und andernfalls Köpfe rollen lässt. Nur zu dumm, dass er in diesem Fall keinen Kopf rollen lassen kann, außer dem eigenen. Es sei denn, er hat die Dissertation nicht selbst geschrieben...
Aber egal, ein guter Politiker kann man auch ohne den Doktortitel sein (auch wenn man den in einer Art und Weise erworben hat, die in krassem Gegensatz zu den Werten steht, die man ansosten für sich in Anspruch nimmt). Aber ist denn Karl Theodor zu Guttenberg so ein guter Politiker? Was hat er denn bisher geleistet? Das einzige, was er sich wirklich ans Revers heften kann, ist die Einführung einer Berufsarmee. Die Forderung danach ist allerdings schon einige Jahre alt und in Zeiten klammer Kassen am leichtesten durchzusetzen. Zudem bleibt die Frage nach den wegfallenden Zivi-Stellen im sozialen Bereich sowie nach der Gewinnung eines qualifizierten Nachwuchses für die Berufsarmee unbeantwortet - da sind noch einige Baustellen offen. Ansonsten hat er als Wirtschaftsminister nix besonderes gerissen und als Verteidigungsminister hauptsächlich Personal rausgeschmissen, wenn was nicht so lief. Und wenn er seinen Job so gut macht, wieso sind dann in der vergangen Woche drei deutsche Soldaten gestorben?
Auch ein Nicht-Promovierter macht noch keinen guten Politiker...