Samstag, 29. Oktober 2011

Flughafen München 3. Startbahn Ausbau

Ich möchte an dieser Stelle einfach ein paar Fakten zusammentragen zum derzeit geplanten Ausbau des Münchener Flughafens, der um eine 3. Startbahn erweitert werden soll. Ist aber noch work in progress - wie man an den untenstehenden, losen Links erkennt.
Dunkel erinnere ich mich an die Diskussion um den Flughafenneubau in den 80er Jahren - damals wurde beschlossen, den bislang bestehenden Flughafen Riem abzulösen durch einen neuen, der zwischen dem Bischofssitz Freising und der Stadt Erding gelegen sein sollte. Aufmerksam wurde ich diese Thematik - als damals Pubertierender - durch ein Lied von Hans Söllner mit dem Titel "Manchmoi wenn i aufwach", in dem es heisst: "Dass I im Erdinger Moos daust an Flughafen bau, und jedn Tog mea unsan Landschaft versau" (2:25). Gebaut wurde der Flughafen München trotzdem, er erhielt noch den Beinamen "Franz Josef Strauß", und wurde im Jahr 2000 schon einmal erweitert, nämlich um den Terminal 2.
Nun also soll der Flughafen um eine dritte Startbahn erweitert werden. Den Gedanken, hierzu ein Blog zu verfassen, kam mir auf der heutigen (29.10.2011) Demonstration gegen die dritte Startbahn auf dem Marienplatz in München. Dort entstand das folgende Foto - ich finde die Anspielung ziemlich cool (Fotorechte sind bei der Augsburger Allgemeinen, kann man in Zeiten von ACTA ja nicht oft genug betonen):

Damit ist auch klar, aus welcher Perspektive ich hier schreibe. Dennoch versuche ich, meine Ablehnung mit Argumenten und gesicherten Quellen zu untermauern - und tue das gerne öffentlich.
Link
Das tun natürlich auch andere und die tun das ebenfalls im Internet. Daher beginne ich erstmal mit einer Sammlung von Fakten und Quellen im Internet.
Beginnen möchte ich mit Informationen, die einer der Redner auf der heutigen Demonstration öffentlich verfügbar macht, nämlich Dr. Christian Magerl, seines Zeichens Mitglied des Bayerischen Landtags für Bündnis 90/Die Grünen sowie Vorsitzender der Kreisgruppe Freising des Bund Naturschutz in Bayern e.V. Er stellt auf seiner Homepage eine PDF-Datei zur Verfügung, in welcher dargestellt werden soll, dass kein Bedarf für eine dritte Startbahn besteht. Die Fakten sind sicherlich interessant und ich denke auch, dass man daraus erahnen kann, dass kein Bedarf besteht - aber die Aufbereitung könnte man noch verbessern. Vielleicht schreibe ich Herrn Magerl mal an und biete ihm meine Mithilfe an.
Ansonsten soll sich dieser Text noch entwickeln. Bei der heutigen Demonstration haben mich noch ein paar Dinge beeindruckt, die vielleicht später noch verwendet werden. So traten auch Redner der beiden großen Kirchen auf und sprachen sich gegen den Ausbau aus; der Vertreter der katholischen Kirche, Dr. Wolfgang Schwab, bekräftigte, dass die Kirche keine Grundstücke verkaufen werde, die für den Bau der dritten Startbahn notwendig sind. Das ist insofern bemerkenswert, als damit die Kirche entweder blockieren kann - oder aber enteignet werden muss. Hubert Aiwanger von den freien Wählern sagte, dass bei den Wahlen 2013 niemand Ministerpräsident wird, der für den Flughafenausbau steht. Ganz besonders ist aber Prof. Dr. Hubert Weiger hervorzuheben, der Vorsitzender des Bund Naturschutzes in Deutschland ist. Neben einer Klage, die er ankündigte, sagte er, dass durch den Ausbau zum ersten Mal seit dem 2. Weltkrieg, dass in Detuschland Menschen ihre Heimat verlieren würden, ohne dass kriegerische Handlungen der Grund sind. Zudem führte er ins Feld, dass Kerosin weitaus weniger besteuert wird als Benzin und damit die Flugindustrie subventioniert wird. Die gesamte Rede von Prof. Weiger ist auch online verfügbar.

Gründe für die dritte Startbahn

Fangen wir an mit der Begründung, weswegen ein Ausbau aus Sicht von CSU, FDP und SPD notwendig ist. Genannt werden Wirtschaftswachstum und Arbeitsplätze.

Wirtschaftswachstum

Zunächst einmal: Ich glaube nicht an ewiges Wirtschaftswachstum. Wann ist es genug gewachsen? Und Wirtschaftswachstum kann in einer Welt mit endlichen Ressourcen nicht dauerhaft funktionieren. Heißt konkret: Fossile Brennstoffe sind begrenzt, alles, was diese benötigt, ist irgendwann überflüssig. Das gilt auch für Flugzeuge.


Aber es sei mal angenommen, dass es ein langfristig erstrebenswertes Ziel ist, immer weiter zu wachsen. Dann bleibt die Frage, ob das Wirtschaftswachstum ausgerechnet in der Region München gefördert werden muss. Nimmt man das Bruttoinlandsprodukt je Erwerbstätigen als Maß, so sind die unmittelbar betroffenen Landkreise kaum als förderungswürdig einzustufen: Die Kreisfreie Stadt München liegt gemäß dieses Kriteriums auf dem 6., der Landkreis München auf dem 1., der Landkreis Freising auf dem 13. und der Landkreis Erding auf dem 28. Platz von insgesamt 96 Landkreisen (Quelle: Landesamt für Statistik, Achtung: Excel-Datei). Wenn man also das Wirtschaftswachstum fördern möchte, warum dann nicht in den Regionen, wo die Wirtschaftsleistung gering ist? Warum scheißt der Teufel immer auf den größten Haufen? Das Geld, das in die dritte Startbahn investiert werden soll, wäre meines Erachtens dort (oder in ganz anderen Regionen in Deutschland oder Europa) wesentlich besser aufgehoben.

Auch die Flughafenregion sieht das ähnlich: Aufgrund der steigenden Zahl an Arbeitsplätzen steigt auch die Nachfrage nach Wohnraum, so dass die Mieten nach oben gehen. Gleichzeitig muss für die Zuziehenden Infrastruktur (Kita-Plätze, Verwaltung, Straßenbau, Abwasseranlagen) geschaffen werden - die Kosten hierfür tragen Gemeinden und Landkreise: So drücken den Landkreis Freising derzeit 60 Millionen Euro Schulden. Weitere Infos hierzu finden sich unter dem oben verlinkten Artikel von Spiegel Online.


Arbeitsplätze

Auch in Hinblick auf die Arbeitsplätze sieht es derzeit gemäß eines Rankings der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft nicht danach aus, dass die betroffene Region speziell gefördert werden müsste. Die Landkreise Erding und Freising belegen gemeinsam Rang 5 in Bayern (Rang 6 bundesweit, Arbeitslosenquote 2,79% bzw. 3,29%),  der Landkreis München 22. in Bayern (26. in Deutschland, Arbeitslosenquote 3,51%) und die kreisfreie Stadt ist 75. in Bayern (155. Deutschland, 5,98% Arbeitslosenquote). Das Ranking ist aus dem Jahr 2009 von der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft, die Arbeitslosenquoten ebenfalls aus einem Landkreis-Ranking, dieses Mal vom Focus.

Allerdings scheint in dieser Diskussion auch die Angst vor Arbeitsplatzverlust hier eine Rolle zu spielen: Zur Zeit des Winter-Tollwoods 2011 teilte ich auf Facebook einen Beitrag des Bündnisses "AufgeMUCkt", in welchem Hans Söllner (er schon wieder) zitiert wird mit den Worten „Wenn die Menschen aus der Region sagen, dass sie keine dritte Startbahn wollen, reicht das für mich aus. Es geht um Heimatliebe und nicht immer nur ums Geld“. Ein früherer Schul- und Fußballkollege, der am Flughafen arbeitet, reagierte auf diesen Eintrag mit der Aussage, dass es auch um seinen Arbeitsplatz und um 30.000 andere gehe und das auch was mit Heimatliebe zu tun habe. Leider verstehe ich die Argumentation in zweierlei Hinsicht nicht: (a) Arbeitsplätze und Heimatliebe gehören für mich nicht zwangsläufig zusammen. (b) Ich gehe nicht davon aus, dass die bislang vorhandenen Arbeitsplätze verloren gehen, wenn die 3. Startbahn nicht gebaut wird (wieso auch - die Arbeitskräfte werden bislang gebraucht, weshalb sollten diese wegfallen?) Dennoch ist die Sorge um Arbeitsplätze natürlich gerechtfertigt - muss aber abgewogen werden ggü. anderen Argumenten, von denen ich einige an dieser Stelle noch aufführen möchte. Auf meine Gegenfrage "Wieso hängt Dein Arbeitsplatz von dem Bau einer dritten Startbahn ab? Würdest Du ihn verlieren, wenn sie nicht gebaut wird?" hab ich leider keine Antwort erhalten. Vielleicht ist dem ja so - und dann müssten diese Argumente in die Überlegungen einbezogen werden.

Bedarf


Bayerns Ministerpräsident Seehofer sieht den Bedarf hauptsächlich aus der folgenden Perspektive: "Wir haben in München Weltkonzerne und die wollen nach Peking fliegen und dazu nicht erst in Frankfurt umsteigen. Ich habe keine Scheu davor, dass die dritte Startbahn ein Wahlkampfthema wird" (sinngemäß in einem auf Bayern 2 am 24.01.2012). Das Zitat legt zum Einen nahe, dass es Mitarbeiter von Weltkonzernen gibt, die heute schon oder in absehbarer Zeit nach Peking fliegen wollen, dies aber nicht können, weil der Münchener Flughafen keine Kapazität mehr hat (übertrieben: Diese Leute stehen wimmernd und bettelnd am Flughafen und begehren Zugang zu Flugzeugen nach Peking, werden aber vom Bodenpersonal rigoros abgewiesen). Dies kann - zumindest gemäß den aktuellen Zahlen zu den Flugbewegungen - eigentlich nicht der Fall sein; da ist noch Luft nach oben (siehe unten). Und selbst, wenn es war wäre: Ob die Bequemlichkeit der Mitarbeiter von Münchener Weltkonzernen höher wiegt als die Aspekte, die im Folgenden noch dargestellt werden. Ich zumindest halte es für absolut zumutbar, bei einem Flug nach Peking umsteigen zu müssen (man stelle sich vor, ein Hartz IV-Empfänger würde es wagen, bei einer vom Staat bezahlten Zugfahrt anzuprangern, dass er umsteigen muss...).
Der Wahlspruch der CSU ist "Näher am Menschen". Es bleibt die Frage, welchen Menschen sich Ministerpräsident Seehofer näher fühlt: Denjenigen aus den Weltkonzernen, die unbedingt nach Peking wollen, aber nicht in Frankfurt umsteigen, oder denjenigen,
Warum zahlen die Weltkonzerne das dann nicht selber? 

Alternativen zur Deckung

Kosten

Finanzierung 


Fluglärm


Umsiedlung

Artikel Spiegel
Fuch des Booms: http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/0,1518,798279,00.html
Artikel Märkische Allgemeine

Zukünftige Nachfrage
Vermutlich nerve ich meine Kontakte auf Facebook schon mit meinen Posts gegen die dritte Startbahn
Versteckte Subventionen
Warren Buffet Zitat.
Rede Magerl
Grünwald-Sketch
Wolfgang Fierek: Pro dritte Startbahn – oder?
http://www.zeit.de/1971/16/gestanzl-gegen-fluglaerm
http://www.merkur-online.de/lokales/flughafen-muenchen/flughafen-bau-verlorene-dorf-1340664.html
http://www.zdf.de/ZDFmediathek/beitrag/video/1402510/Blick-zurueck-Protest-gegen-Muenchen-II#/beitrag/video/1402510/Blick-zurueck-Protest-gegen-Muenchen-II
http://www.br.de/themen/aktuell/inhalt/flughafen-muenchen100.html
http://www.lbv.de/lbv-regional/geschaeftsstellen/bezirksgeschaeftsstelle-oberbayern-muenchen/3-startbahn/fakten-und-hintergruende.html#c14662

(man hatte übrigens schon beim Neubau des Flughafens im Erdinger Moos zugesichert, dass kein weiterer Ausbau notwendig sei - mit dem Bau des Terminal 2 wurde dieses Versprechen schon einmal gebrochen, der Bau einer weiteren Startbahn würde einen weiteren Wortbruch darstellen)

(Wobei das Bruttoinlandsprodukt nur ein eingeschränkt sinnvolles Maß ist: Angenommen, man kauft ein Auto und setzt es gegen die Wand mit Totalschaden. Dann kauft man ein zweites Auto und setzt es erneut gegen die Wand mit Totalschaden. Dann kauft man ein drittes Auto: Obwohl der Zuwachs für die Gesellschaft im Ergebnis nur in einem Auto besteht, gehen die drei Autos ins Bruttoinlandsprodukt ein, welches damit den tatsächlichen Wertzuwachs überschätzt.)

Samstag, 19. Februar 2011

Hängt ihn höher!

Bundesverteidigungsminister Karl Theodor zu Guttenberg hat in seiner Dissertation mehrere Passagen wortwörtlich aus anderen Schriftwerken übernommen. Er hat diese wörtlichen Zitate weder durch Anführungszeichen als Zitate gekennzeichnet noch hat er auf die entsprechenden Quellen verwiesen. Diese Aussage kann man beispielsweise auf den Seiten von Spiegel Online oder der Süddeutschen Zeitung nachvollziehen. Meines Erachtens ist damit der Bestand des Plagiats erfüllt. In meiner Zeit als Dozent an der Universität hätte ich Studenten, die in dieser Art und Weise Arbeiten verfasst hätten, des Plagiats bezichtigt - Kollegen von mir haben dies auch in entsprechenden Fällen gemacht. Ob dies in juristischem Sinne ausreichend ist, dass Herrn zu Guttenberg der akademische Grad eines Doktors entzogen wird, kann ich nicht beurteilen. Die Entscheidung bleibt der Universität Bayreuth vorbehalten. Eine Entscheidung, ihm den Titel nicht zu entziehen, könnte ich in keinster Weise nachvollziehen. Damit statuierte man ein Exempel, das einen Freibrief zum Abschreiben gleich käme und das wichtige Merkmal der Eigenleistung einer wissenschaftlichen Arbeit zu einer Nebensache herabstufen würde. In diesem Fall könnte man jemandem nur empfehlen, an der Universität Bayreuth in den Rechtswissenschaften zu promovieren - "summa cum laude" (die Bestnote) ist dort auch durch einfaches "Copy and Paste" zu erreichen. Ein zweifelhafter Ruf für die Hochschule in Oberfranken. Die hat aber auch ihre werbeträchtigste Ikone zu verlieren - zu Guttenberg ist das Aushängeschild einer Universität in einer Region, die vom Zukunftsrat Bayern nur am Rande als förderungswürdig eingestuft wird. Die Uni hat die Wahl zwischen Pest und Cholera.

Die Frage ist, ob das alles relevant ist. Als ich vergangenen Montag morgen von den Vorwürfen im Radio hörte, dachte ich: "Ach, da haben sie einen Satz gefunden, den er nicht gekennzeichnet hat, die wollen ihm jetzt mal wieder schlechte Schlagzeilen bescheren." Und so reagieren auch KTs Parteikollegen offiziell: Das sei alles eine Schmutzkampagne der Linken - allerdings vergessen sie dabei, dass die Vorwürfe in der Sache durchaus berechtigt sind. In der Bevölkerung bleibt er beliebt - weil er einen guten Job macht, so eine Umfrage der Bild.

Meinetwegen braucht Herr zu Guttenberg nicht zurücktreten, selbst wenn die Universität Bayreuth ihm den Titel entziehen sollte. Ich fände es nur angebracht, wenn die Bevölkerung über den "Minister für Strahlkraft und Überfliegerei" (man betrachte den Link bitte als Quellennachweis und unterstelle mir kein Plagiat) mal nachdenken würde. Er gilt als sympathisch. Zu Beginn seiner Amtszeit hat er langjährige Mitarbeiter im Verteidigungsministerium entlassen, weil sie ihm "Informationen vorenthalten" hätten (wobei sein Vorwurf gegenüber diesen Mitarbeitern nie bestätigt wurde). KT forderte also Transparenz und als diese nicht erfolgte, hat er die Mitarbeiter entlassen. Er selbst hat mit den angeprangterten Passagen nicht gerade für Transparenz gesorgt, insgesamt kann dieses Verhalten nicht als "aufrichtig" und "ehrlich" bezeichnet werden. Der Lack seiner Glaubwürdigkeit ist - in meinen Augen - ziemlich ab. Man braucht keinen Doktor, um ein guter Politiker zu sein. Aber wenn man einen Doktor macht, hat man sich an Regeln zu halten - vor allem, wenn man selbst das Einhalten von Regeln strikt einfordert und andernfalls Köpfe rollen lässt. Nur zu dumm, dass er in diesem Fall keinen Kopf rollen lassen kann, außer dem eigenen. Es sei denn, er hat die Dissertation nicht selbst geschrieben...

Aber egal, ein guter Politiker kann man auch ohne den Doktortitel sein (auch wenn man den in einer Art und Weise erworben hat, die in krassem Gegensatz zu den Werten steht, die man ansosten für sich in Anspruch nimmt). Aber ist denn Karl Theodor zu Guttenberg so ein guter Politiker? Was hat er denn bisher geleistet? Das einzige, was er sich wirklich ans Revers heften kann, ist die Einführung einer Berufsarmee. Die Forderung danach ist allerdings schon einige Jahre alt und in Zeiten klammer Kassen am leichtesten durchzusetzen. Zudem bleibt die Frage nach den wegfallenden Zivi-Stellen im sozialen Bereich sowie nach der Gewinnung eines qualifizierten Nachwuchses für die Berufsarmee unbeantwortet - da sind noch einige Baustellen offen. Ansonsten hat er als Wirtschaftsminister nix besonderes gerissen und als Verteidigungsminister hauptsächlich Personal rausgeschmissen, wenn was nicht so lief. Und wenn er seinen Job so gut macht, wieso sind dann in der vergangen Woche drei deutsche Soldaten gestorben?

Auch ein Nicht-Promovierter macht noch keinen guten Politiker...