Freitag, 14. Februar 2014

Replik auf Nikolaus Piper

Am 5. Februar 2014 schrieb Nikolaus Piper auf Seite 4 der Süddeutschen Zeitung (diesen Artikel aus der Rubrik Meinung gibt es tatsächlich nicht online, daher zitiere ich ihn hier):

"Freihandelsabkommen - Gespenstersuche

Mit Verzögerung, dafür umso heftiger, hat in Deutschland die Kritik an dem geplanten Freihandelsabkommen mit den USA eingesetzt. Sie richtet sich diesmal nicht so sehr gegen ,,Genfood", ,,Hormonfleisch" oder ,,Chlorhühnchen", sondern gegen den geplanten Schutz ausländischer Investoren. Nach derzeitigem Stand soll das Abkommen ausländischen Unternehmen das Recht geben, vor besonderen Schiedsgerichten auf Schadenersatz zu klagen, wenn sie sich diskriminiert fühlen. Kritiker glauben, so könnte die Demokratie ausgehebelt werden.
Wenn Gespenster gejagt werden, hilft ein Blick auf die Fakten. Der Investorenschutz wurde ursprünglich für Abkomkmen mit Staaten erfunden, deren Rechtssystem unterentwickelt ist. Die Klausel sollte vor politischer Willkür schützen, zum Beispiel davor, durch Launen der Politik plötzlich enteignet zu werden.
Jetzt soll die Klausel auf die EU und die USA angewandt werden, zwei Handelsblöcke mit funktionierenden Rechtssystemen. Man kann darüber streiten, ob das notwendig ist. Wer sich als Ausländer in Frankfurt oder New York benachteiligt fühlt, kann klagen und hat gute Chancen,  gehört zu werden. Auch ein Missbrauch des Investorenschutzes ist nicht auszuschließen. Darüber muss die EU verhandeln. Der Investorenschutz ist aber keine Gefahr für die Demokratie und kein Anlass, das Abkommen scheitern zu lassen."

Das wesentliche Argument gegen den Investorenschutz bringt Nikolaus Piper selbst: Der Investorenschutz ist überflüssig, weil es zwei funktionierende Rechtssysteme gibt. Sofern es keinen Investorenschutz gibt, sind die demokratischen Grundprinzipien nicht in Gefahr.
Sofern allerdings die Variante zustande kommt, die oben beschrieben ist, sind die demokratischen Grundprinzipien sehr wohl in Gefahr: "Besondere Schiedsgerichte" heisst: Außerhalb der funktionierenden Rechtssysteme. Sprich, nicht einmal über eine demokratisch legitimierte Änderung von Gesetzen kann auf die Prinzipien dieser "besonderen Schiedsgerichte" Einfluß genommen werden. Vermutlich wäre dies nur über eine Änderung der Vereinbarungen des TTIP erreichbar - und wie rasch (wenn überhaupt) solche Änderungen am grundlegenden Vertrag umsetzbar sind bei 27 Ländern der EU, die zustimmen müssten, sei mal dahingestellt. Angeblich sollen diese Schiedsgerichte geheim tagen - auch dies ist demokratisch höchst fragwürdig, da es i.d.R. um Auseinandersetzungen zwischen Staaten und Unternehmen gehen sollte. Und zumindest die Bevölkerung des streitenden Staats sollte über die Verhandlung vor dem Schiedsgericht Transparenz erhalten. Auf diese Weise umgesetzt, ist der Investorenschutz eine Gefahr für die Demokratie und sehr wohl ein Anlass, das Abkommen scheitern zu lassen.

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